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Ende September in Bizerte, Tunesien, wir tauchen ein in die Andersartigkeit und hören den Muezzin, der 5 mal am Tag die Gläubigen daran erinnert, zu Gott zu beten. Mit unserem Mitsegler Harald, der an einer Deutschen Hochschule für Medien unterrichtet diskutieren wir den Einfluss mancher Medien auf Teile unserer Bevölkerung, die dazu führt, dass bei diesen die Begriffe Moslem, Islamist und Extremist teilweise verschwimmen.

 

Bei all unseren Begegnungen treffen wir fast ausschließlich auf freundliche, hilfsbereite und offene Menschen. Vielleicht spürt man hier und da ein wenig Unsicherheit, nach den Anschlägen im Museum in Tunis und am Strand von Sousse in 2015 ist der Tourismus eingebrochen, dann realisieren wir, dass wir nach einem kurzen Segeltörn von Sizilien in einer anderen Welt angekommen sind. Wie schade, dass diese andere Religion sich uns Nichtmuslimen so wenig öffnet. Im Reiseführer lesen wir immer von den großartigen Moscheen, die uns nur leider alle verschlossen bleiben. Wir sind doch mit unserer christlichen Sozialisation so sehr an Ökumene gewöhnt, allerdings bezieht sich diese ja nun auch in erster Linie auf die verschiedenen Glaubensrichtungen innerhalb des Christentums.

 

Ach, da war doch noch was: eigentlich eine Geschichte für sich, ein Singuläres Ereignis. Allerdings passierte es an eben diesem Tag, an dem wir mit Harald über die Religionen diskutierten. Ich betrat ein kleines Geschäft für Angelbedarf. Beim letzten Versuch, das Mittelmeer um einen Fisch zu entreichern, muss was ganz großes angebissen haben, jedenfalls war nicht nur der Köder ab, sondern auch noch 200 Meter Leine. Der kleine Laden hatte alles, was ich brauchte und der überaus zugewandte und freundliche Verkäufer verwickelte mich schnell in ein Fachgespräch, dem ich wegen meiner völligen Unkenntnis des Angelns und der begrenzten Französischkenntnisse bald nicht mehr folgen konnte. Also überlasse ich ihm meine Angel. Am nächsten Morgen liegt alles bereit und während wir dir neue Angelschnur auf die Rolle ziehen, kommt einer nach dem anderen in sein Geschäft, um ein Paar Würmer als Köder oder eben Appetithappen aus Plastik zu erwerben. Ich frage ihn, was all die Kunden in sich hinein nuscheln, während sie das Geschäft betreten. Und aus ihm heraus bricht ein feuriges Bekenntnis zum Islam: „Salumi alaikum“ heißt Friede sei mit Dir und all diese Terrorristen seien eben keine gläubigen Moslems. „Genau“, dachte ich ganz zufrieden und glücklich, hatten wir doch das am Tag zuvor noch auf Joya besprochen. Während er die letzten Meter der neuen Angelleine aufrollt, nimmt das Gespräch plötzlich eine unerwartete Wendung: Das eigentliche Problem seien die Juden. Dies aus dem Munde eines Moslems zu hören, wird man wohl immer wieder erleben. Aber dann knallts: „Ihr habt es damals richtig gemacht, überall sind Juden nur bei euch nicht, weil ihr Hitler hattet.“

 

Stille. Ich bin sprachlos, denke kurz nach, wäge ab, bezahle und verlasse hastig das Geschäft. 

 

Zurück auf Joya erzähle ich meine Geschichte Ellen und Harald. Warum habe ich nicht diskutiert, es war eine Mischung aus hoffnungslosem Fall und eigener Unsicherheit und dem Ausweichen einer unangenehmen Situation. Schade um die vertane Chance, beim nächsten Mal zeige ich mehr Courage!f